Bachmuschel

Unio crassus Philipsson, 1788

Natura 2000: Anhang II, Anhang IV

Aktuell sind drei voneinander abgrenzbare Vorkommen der Art in Sachsen-Anhalt bekannt. Ein Vorkommen befindet sich im Südteil des Landes im Helmesystem und setzt sich im unmittelbar benachbarten Thüringen fort. Die beiden anderen Vorkommen liegen in der Altmark und wurden erst im Jahr 2005 im Gewässersystem der Dumme und im Jahr 2008 in der Jeetze festgestellt.

Das Vorkommen innerhalb der Helmeniederung ist sehr gut untersucht (BÖßNECK 1999 und BUTTSTEDT 1999a, b; 2000; 2001). Die beiden Hauptvorkommen befinden sich in der Kleinen Helme bei Edersleben sowie im Mühlgraben bei Martinsrieth. Im Hohlstedter Flutgraben wurde nur ein Alttier nachgewiesen. Im Gewässersystem der Dumme wurde im Jahr 2007 die Ausdehnung des Bachmuschelvorkommens erfasst (RANA 2007). Hier besiedelt die Bachmuschel vor allem weite Strecken des Molmker Baches und der Beeke (inkl. Kalten Graben), während sie innerhalb der Salzwedeler Dumme und der Alten Dumme nur in Teilabschnitten zu finden ist. Das Vorkommen in der Jeetze bei Beetzendorf wurde erst Ende 2008 festgestellt und dessen räumliche Ausdehnung noch nicht bekannt.

Historische Literaturangaben und subrezente Schalenfunde der Bachmuschel beziehen sich vor allem auf den Südteil von Sachsen-Anhalt bis in Höhe der Verbindungslinie Haldensleben-Burg (z.B. REINHARDT 1874, REGEL 1894, GOLDFUSS 1900, HONIGMANN 1906, WOBIS 1906, ISRAEL 1913, REGIUS 1929-38, 1964, 1966), wo die Art vor allem für das Saale-Elbe-System, aber auch das Aller-Weser-System angegeben wird. Für die sich nördlich anschließenden Naturräume war U. crassus bis zum Jahr 2005 nicht belegt.

Die Nachweise der Bachmuschel in den vergangenen Jahren in der Altmark machen die Kenntnislücke zur Verbreitung der Art vor allem im Nordteil Sachsen-Anhalts deutlich. Dies ist auch auf ein allgemeines Erfassungsdefizit im nördlichen Landesteil zurückzuführen. Gerade in diesem Landesteil sind weitere Vorkommen der Bachmuschel nicht ausgeschlossen. Hierauf deuten auch Leerschalenfunde der vergangenen Jahren in weiteren Gewässern hin, z.B. aus der Biese bei Seehausen oder der unteren Havel bei Garz (KÖRNIG, schriftl. Mitt.).

Erfassung der Verbreitung

Um das Verbreitungsgebiet der Art in Sachsen-Anhalt sowie dessen mögliche Veränderungen erfassen zu können, werden alle Präsenznachweise (z.B. aus gezielten Kartierungen) gesammelt und auf Basis des 10-km-LAEA-Rasters dargestellt. Als Verbreitungsgebiet gilt dann die gesamte Fläche der „positiven“ 10-km-Raster, d.h. mit mindestens einem aktuellen Präsenznachweis. Die Erfassung der Nachweise erfolgt laufend, die Auswertung zum Ende des jeweiligen Berichtszeitraumes.


FFH-Stichprobenmonitoring

Das FFH-Stichprobenmonitoring der Bachmuschel richtet sich nach den bundesweit gültigen Methodenstandards in BfN & BLAK (2017). Die Bewertung des Erhaltungszustands einzelner Monitoringgebiete resultiert aus Teilbewertungen der Kriterien „Zustand der Population“, „Habitatqualität“ und „Beeinträchtigungen“.

Innerhalb einer Berichtsperiode (6-Jahreszeitraum) ist der Zustand der Population in einem Untersuchungsjahr mit einer Begehung zwischen Anfang April bis Mitte Oktober zu erfassen. Hierfür wird über eine Stercke von 1 km eine Übersichtsbegehung zur Identifizierung von möglichen Siedlungsflächen und der Lokalisation von Populationen durchgeführt. Bei großen Populationen werden zwei Transekte in repräsentativen Gewässerbereichen festgelegt. Auf den Transekten sind alle oberflächlich sitzenden Tiere über Begehungen mittels Sichtsuche, ggf. Sichtkasten, Durchharken, punktuellem Tasten sowie über Tauchgänge ab 1 m Wassertiefe zu erfassen. Zudem werden die Jungtiere über ein Abgraben und Durchsieben (5 mm Maschenweite) des Sediments (bis zu einer Tiefe in der keine Tiere mehr gefunden werden) zur Bewertung des Merkmals „Populationsstruktur/Reproduktionsrate“ auf den Transekten erfasst. Alle festgestellten Individuen sind zu vermessen. Um die Populationsgröße zu ermitteln, wird zunächst die Anzahl lebender Tiere je laufendem Bachmeter ermittelt (Mittelwert aller Transekte) und dann auf die gesamte Gewässerlänge (exklusive nicht besiedelter/besiedelbarer Bereiche) hochgerechnet.

Die Bewertung der Habitatqualität und Beeinträchtigungen erfolgt je Berichtsperiode einmalig anhand der folgenden Unterkriterien:

Habitatqualität:

  • Stabilität des hyporheischen Interstitial
  • Maximaler Nitratgehalt oder Nitratstickstoffgehalt
  • Potenzielles Wirtsfischspektrum

Beeinträchtigungen

  • Schad- und Nährstoffeintrag
  • Sedimentumlagerung und -verfrachtung, Feinsedimenteintrag
  • Gewässerunterhaltung
  • Prädationsdruck (z.B. durch Bisam, Waschbär, Mink, Nutria, Signalkrebs)
  • Durchgängigkeit der Gewässer v.a. im Hinblick auf Wirtsfische
  • Touristische Nutzung (z.B. Bootstourismus)
  • Weitere Beeinträchtigungen