Wildkatze

Felis silvestris Schreber, 1777

Natura 2000: Anhang IV

Das Vorkommen der Wildkatze beschränkt sich in Sachsen-Anhalt auf den Harz und dessen Vorländer (GÖTZ & ROTH 2007). Das gilt ebenso für das benachbarte Niedersachsen (POTT-DÖRFER & RAIMER 2004). Dieses Mittelgebirge stellt eines der wichtigsten Verbreitungsgebiete der Wildkatze in Deutschland dar (PIECHOCKI 1990).

Die durch GÖTZ & ROTH (2007) in Form einer Fragebogenaktion durchgeführte Verbreitungserhebung für die Art in Sachsen-Anhalt ergab eine flächige Besiedlung des Harzes. In den letzten Jahren hat die Art ihr Vorkommensgebiet zudem erweitert und auch Waldgebiete außerhalb des Harzes besiedelt (Hakel: STUBBE & STUBBE 2001, Harslebener Berge, Ziegelrodaer Forst: GÖTZ & ROTH 2007). Ähnliche Ausbreitungstendenzen sind auch im Westharz zu beobachten (POTT-DÖRFER & DÖRFER 2007).

Während die Vorkommen der Wildkatze im Harz gut dokumentiert und zum Teil auch weiterführend untersucht worden sind (GÖTZ & ROTH 2006, GÖTZ & JEROSCH 2008), ist aus weiter entfernt liegenden Gebieten kaum etwas bekannt. Vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren zu verzeichnenden Ausbreitung der Wildkatze ist aber mit der Besiedlung weiterer geeignet erscheinender Waldgebiete in Sachsen-Anhalt zu rechnen. Ein bei GÖTZ & ROTH (2007) aufgeführter Nachweis aus der Altmark erscheint auf Grund der teilweise schwierigen Artbestimmung (Verwechslungsgefahr mit Hauskatze) zwar nicht ausreichend gesichert. Die großen Wälder dieser Region stellen dennoch neben dem Fläming, der Dübener Heide und dem Zeitzer Forst Gebiete dar, in denen das Auftreten der Art durchaus nicht ausgeschlossen ist. Hier empfiehlt sich eine gezielte Nachsuche (WEBER et al. 2008).

Erfassung Verbreitung und Population

Entsprechend der Bundesvorgabe (PAN & ILÖK 2009b) soll im Rahmen des FFH-Monitorings in Sachsen-Anhalt keine standardisierte Erfassung der Wildkatzenbestände als Stichprobenmonitoring durchgeführt werden. Der Erhaltungszustand soll vielmehr primär aus der Ermittlung der Gesamtverbreitung abgeleitet werden. Die Verbreitung soll im Sinne eines überwiegend passiven Monitorings durch eine kontinuierliche Sammlung aller anfallenden Daten sowie deren Auswertung bzw. Prüfung durch Experten bestimmt werden.

Sofern in Teilbereichen längerfristig Datenmangel bestehen sollte, der durch rein passives Monitoring nicht behoben werden kann, müssen im Einzelfall gezielte Nachweismethoden zum Einsatz kommen. Dies gilt auch bei begründetem Verdacht in potenziellen Vorkommensgebieten außerhalb des Harzes. Der Einsatz sollte in begrenztem Umfang pauschal eingeplant werden (s.u.), ist jedoch nicht im Sinne eines regelmäßigen Stichprobenmonitorings zu verstehen.

Als Verbreitungsgebiet gilt die gesamte Fläche der TK25 mit mindestens einem aktuellen Präsenznachweis. Die abschließende Ermittlung des Verbreitungsgebietes erfolgt jeweils am Ende des Berichtszeitraumes.

Messgröße für den Gesamtbestand ist nach PAN & ILÖK (2009b) die Anzahl der Individuen, für die Habitatgröße die Anzahl der TK25.

Grundsätzlich geeignete Nachweismethoden sind:

  • Erfassung sowie morphologisch-anatomische Auswertung von Verkehrsopfern und weiteren Totfunden
  • Befragung von Jägern, Förstern, Forstarbeitern und anderen kundigen Personen
  • Lockstockmethode und anschließende genetische Analyse des Probenmaterials
  • Fotofallen an Köderstellen
  • Spurensuche bei Schneelage
  • Haar- und Kotanalysen
  • Telemetrie (SIMON et al. 2006)

Es muss jedoch angemerkt werden, dass einige der angegebenen Nachweismethoden auf Grund der Verwechslungsmöglichkeit mit wildfarbenen Hauskatzen als nicht ausreichend für einen Artnachweis anzusehen sind bzw. nur in Gebieten ohne Hauskatzenvorkommen zu Ergebnissen führen (z. B. Befragung, Fotofallen, Spurensuche). Auch ist die Überprüfbarkeit in einigen Fällen deutlich eingeschränkt bzw. unmöglich (z. B. bei Zufallsbeobachtungen).

Totfunde sollten generell morphologisch-anatomisch sowie pathologisch ausgewertet werden. Sofern auswertbares Material anfällt, sollte zumindest in begrenztem Umfang eine molekulargenetischen Artbestimmung erfolgen.

Die o.g. Erfassungsmethoden können grundsätzlich alle auch im Rahmen eines gezielten Monitorings eingesetzt werden. Aus Gründen der Kosteneffizienz sollten gezielte Erfassungen jedoch nur ausnahmsweise zum Schließen von deutlichen Kenntnislücken durchgeführt werden.

Als Methode zum aktiven (gezielten) Monitoring empfiehlt sich insbesondere die Lockstockmethode. Die von HUPE & SIMON (2007) eingeführte Methode beruhte auf der morphologischen Bestimmung von Haaren, die von den Katzen an mit Baldrian bestrichenen Lockstöcken hinterlassen werden. Diese Art der Bestimmung ist nach WEBER (2007) jedoch nur in solchen Gebieten sicher, in denen Hauskatzen von vornherein ausgeschlossen werden können. WEBER et al. (2008) haben daher eine molekulargenetische Methode entwickelt, die eine sichere Artdetermination der Wildkatze ermöglicht. Neben dem sicheren Artnachweis liefert diese Methode zusätzlich noch Daten, die Aussagen zur Populationsstruktur (individuelle Erkennung, Geschlechtsbestimmung) und möglichen Gefährdung der Art (Bestimmung der genetischen Identität) im jeweiligen Gebiet erlauben.

Die von SIMON et al. (2006) empfohlene Methode der Telemetrie und der damit verbundene Fallenfang sind sehr zeit- und kostenintensiv und daher im Rahmen eines Monitorings nicht in regelmäßigen Abständen zu realisieren. Hier sollte auf die Ergebnisse bereits durchgeführter Studien (u. a. im Südharz, vgl. GÖTZ & ROTH 2006) zurückgegriffen werden.

Die Einstufung der Meldungen hinsichtlich Plausibilität soll anhand ihrer Überprüfbarkeit erfolgen. Anschließend wird eine Kategorisierung nach folgendem Schema vorgenommen:

  • 1 – 2 Nachweise/TK-25-Blatt und Berichtszeitraum = nicht gesichertes Vorkommen
  • 2 Nachweise/TK-25-Blatt und Berichtszeitraum = gesichertes Vorkommen
  • Fortpflanzungsnachweise = gesichertes Vorkommen mit „bestätigter Fortpflanzung“

Eine gezielte Erfassung zur Erhebung von weiteren Populationsparametern erfolgt nicht. Die Erfassung der bewertungsrelevanten Parameter für die Populationsstruktur folgt den Bundesvorgaben (PAN & ILÖK 2009b), welche die Erfassung von Geschlecht, Alter, Reproduktionszustand und Genom verunfallter und getöteter Individuen empfehlen sowie als Fortpflanzungsnachweis sichere Beobachtungen von Gehecken (Fotobeleg, Gewährsperson) vorsehen.

Erfassung Habitatqualität

Zur Erfassung der Habitatqualität wird den Bundesvorgaben gefolgt, d. h. es erfolgt eine Habitatzustandserfassung mit Hilfe von GIS-Analysen auf der Basis vorhandener Daten (ATKIS, Verkehrswege mit > 1.000 Kfz/Tag als Basis für die Definition von unzerschnittenen, verkehrsarmen Räumen [UZV], Erfassung von Migrationsbarrieren). Die GIS-basierten Habitaterfassungsverfahren sind nach Möglichkeit zu standardisieren. Nach dem Bundeskonzept sind die Daten zur Habitatqualität sinnvoller Weise für die gesamte Biogeographische Region bzw. für das gesamte Bundesgebiet zu ermitteln, was zentral durch das BfN erfolgen soll.

Erfassung Beeinträchtigungen

Die Bewertung von Beeinträchtigungen der Wildkatzenpopulation sollte nach Vorgaben des Bundes zu mehreren Themen (Jagd, Fallwild, Lebensraumveränderungen, forst- und landwirtschaftliche Maßnahmen, Erkrankungen/Bastardierung) nach „Expertenvotum mit Begründung“ erfolgen. Für fundierte Aussagen sind in diesem Zusammenhang die möglichst vollständige Erfassung sowie morphologisch-anatomische und molekulargenetische Untersuchung aller Totfunde ebenso notwendig, wie der stichprobenartige Einsatz der Lochstockmethode mit anschließender molekulargenetischer Untersuchung des Haarmaterials (Daten zur Hybridisierung!).