Vertigo angustior Jeffreys, 1830
Natura 2000: Anhang II
Die Schmale Windelschnecke gehört in Sachsen-Anhalt zu den selteneren Arten und wird auch in der historischen Literatur nur von wenigen Fundorten genannt. Die Lage der historischen Nachweisorte zeichnet im Wesentlichen das Einzugsgebiet ansässiger Sammler ab. Dabei zeigt sich eine Fundorthäufung im Raum Magdeburg, Haldensleben, Burg und Staßfurt (REGIUS 1930, 1966; REINHARDT 1874) sowie Halle, Bitterfeld bis Bad Kösen (GOLDFUß 1900, 1904). In der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts sind eine Anzahl von Fundorten für den Saalekreis und den Landkreis Mansfeld-Südharz hinzugekommen (KÖRNIG 1966, 1981, 1989; KÖRNIG in EBEL & SCHÖNBRODT 1988, 1991).
Nach 1990 erfolgten weitere Neufunde im Rahmen der Erarbeitung unveröffentlichter Gutachten. Seit der Aufnahme der Art in den Anhang II der FFH-Richtlinie wird V. angustior verstärkt bei Naturschutzfachplanungen berücksichtigt und gezielter erfasst. Neben zahlreichen Neufunden erfolgte auch eine Überprüfung der oben genannten historischen Fundortangaben.
Im Rahmen der landesweiten Erstinventarisierung der FFH-Gebiete (EVSA & RANA 2006) wurden 14 Vorkommen auf der Basis des vom Bundesamt für Naturschutz erstellten Kartier- und Bewertungsschlüssels (Stand 2004) erfasst und bewertet. Bei den untersuchten Vorkommen handelte es sich um Altnachweise innerhalb gemeldeter FFH-Gebiete. V. angustior ist in diesen 14 Gebieten auch im SDB aufgeführt. Darüberhinaus erfolgte eine Recherche und Zusammenstellung historischer und aktueller Funde, welche die Grundlage für das nachfolgend dargestellte Monitoringsystem in LSA bildet.
Trotz des Kenntniszuwachses zur Verbreitung der Art in Sachsen-Anhalt in den vergangenen Jahren, muss davon ausgehen, dass bislang nur ein Teil der möglichen Vorkommen von V. angustior bekannt sind. So gibt es für den gesamten nördlichen Teil Sachsen-Anhalts (nördlich der Linie Schönebeck-Oschersleben) nur eine aktuelle Fundortangabe aus dem Gebiet des Schollener Sees (Biosphärenreservats Mittelelbe, M. UNRUH und A. ZEHLE). Auch historisch werden für den Raum nur drei Fundortangaben gemacht: Pitzbuhl bei Burg (REINHARDT 1874), Ohrewiesen bei Haldensleben und Wedringen (REINHARDT 1874, REGIUS 1964) und Quellgebiet der Faulen Renne westlich Magdeburg (REGIUS 1930).
Einige Altnachweise bedürfen dringend der erneuten Überprüfung, da ihnen eine Bedeutung bei der Repräsentanz von V. angustior in einzelnen Naturräumen zukommt. Dies betrifft die die naturräumliche Haupteinheit D11 Fläming sowie die Ohreniederung im Übergangsbereich der Haupteinheiten D31 Weser-Aller-Flachland sowie D29 Wendland (Altmark). Für beide existiert jeweils ein Nachweis, welcher auf REINHARDT (1874) zurückgeht.
Andere Altnachweise sind hinsichtlich ihrer räumlichen Lage bzw. ihres Biotoptyps interessant, bedürfen jedoch nicht zwingend einer erneuten Bearbeitung, da sie keinen Eingang in das Monitoringsystem finden. Zu nennen sind hier z.B. die beiden sehr isoliert liegenden, kleinflächigen Vorkommen im Höllental bei Bad Kösen (GOLDFUß 1900) und ein versumpfter Erdfall bei Morungen in der Südharzer Gipskarstlandschaft (KÖRNIG 1966).
Darüber hinaus stellen einige bislang nicht untersuchte Naturräume Verdachtsräume für die Art dar. Hierzu zählen das Fiener Bruch. Für den sachsen-anhaltischen Teil sind bislang aufgrund eines Erfassungsdefizits keine Vorkommen bekannt. Die Art wäre jedoch auch hier aufgrund der Biotopausstattung sowie der bekannten Vorkommen im unmittelbar angrenzenden Brandenburg zu erwarten. Weitere Verdachtsräume stellen die Bachniederungen in der Haupteinheit D29 Wendland (Altmark) dar, z.B. welche die Altmarkplatten entwässern (Mildeniederung) sowie die Landgraben-Dumme-Niederung. Beide Haupteinheiten wurden bislang nicht bzw. kaum untersucht.
Erfassung der Verbreitung
Um das Verbreitungsgebiet der Art in Sachsen-Anhalt sowie dessen mögliche Veränderungen erfassen zu können, werden alle Präsenznachweise (z.B. aus gezielten Kartierungen) gesammelt und auf Basis des 10-km-LAEA-Rasters dargestellt. Als Verbreitungsgebiet gilt dann die gesamte Fläche der „positiven“ 10-km-Raster, d.h. mit mindestens einem aktuellen Präsenznachweis. Die Erfassung der Nachweise erfolgt laufend, die Auswertung zum Ende des jeweiligen Berichtszeitraumes.
FFH-Stichprobenmonitoring
Das FFH-Stichprobenmonitoring der Schmalen Windelschnecke richtet sich nach den bundesweit gültigen Methodenstandards in BfN & BLAK (2017). Die Bewertung des Erhaltungszustands einzelner Monitoringgebiete resultiert aus Teilbewertungen der Kriterien „Zustand der Population“, „Habitatqualität“ und „Beeinträchtigungen“.
Innerhalb einer Berichtsperiode (6-Jahreszeitraum) ist der Zustand der Population in einem Untersuchungsjahr mit einer Begehung zwischen Anfang April bis Anfang November zu erfassen. Hierfür wird das gesamte Habitat durch eine Übersichtsbegehung als Vorbereitung der Auswahl einer Probefläche abgegrenzt und die Flächengröße festgehalten. Anschließend wird die Populationsdichte im vermuteten Habitat auf repräsentativen Teilflächen erhoben. Grundsätzlich ist 1 m2 zu beproben, dieser wird auf 4 Teilflächen verteilt. Dabei ist die krautige Vegetation mit einer Schere bis auf den Grund abzuschneiden, die Moosschicht und die aufliegende Streu einschließlich des lockeren Oberbodens sind komplett abzutragen und zu sieben. Alternativ sind auf streuarmen/streulosen Nutzflächen zur Erfassung Bodenproben erforderlich.
Die Bewertung der Habitatqualität und Beeinträchtigungen erfolgt je Berichtsperiode einmalig anhand der folgenden Unterkriterien:
Habitatqualität:
- Belichtung der Bodenschicht
- Wasserhaushalt (als Schätzwert): (zeitweise) austrocknend, gleichmäßig feucht, staunass, (zeitweilig) überstaut
- Anzeichen mangelnder Habitatqualität durch Begleitfauna
Beeinträchtigungen
- Nährstoffeintrag
- Beeinträchtigung durch Flächennutzung: Mahdregime, Schnitthöhe, Intensität der Beweidung, Walzen des Grünlandes etc.
- Aufgabe habitatprägender extensiver Nutzung
- Anthropogene Veränderung des Wasserhaushaltes
- Weitere Beeinträchtigungen