Kleine Hufeisennase

Rhinolophus hipposideros (Borkhausen, 1797)

Natura 2000: Anhang II, Anhang IV

Aktuell sind Vorkommen der Art von insgesamt 25 MTBQ bekannt. Es kann eingeschätzt werden, dass der aktuelle Kenntnisstand zur Verbreitung insgesamt gut ist, jedoch regional teilweise auch deutliche Defiziträume zu erkennen sind. In Sachsen-Anhalt sind derzeit acht Wochenstuben der Kleinen Hufeisennase bekannt (MYOTIS 2009). Die Zahl der seit 1990 besetzten Winterquartiere liegt mit insgesamt 35 Objekten deutlich über der Zahl der bekannten Wochenstuben (MYOTIS 2009).

Das Kerngebiet der Verbreitung befindet sich in den wärmebegünstigten Tälern von Saale sowie Unstrut und manifestiert sich vor allem durch die Wochenstuben in Zscheiplitz, Kirchscheidungen und Wangen sowie die größeren Winterquartiere im Galgenberg bei Freyburg (Unstrut) und im Raum Nebra bzw. Wangen. Von hier erschließt die Art auch, vermutlich entlang der Gewässerläufe die Bereiche zwischen den beiden Flussauen sowie den Ziegelrodaer Forst, wie die Vorkommen westlich von Ziegelroda erkennen lassen. Wochenstuben befinden sich in Steinbach und Burgheßler. Auch kleinere Winterquartiere sind aus diesen Bereichen bekannt. Bemerkenswert ist weiterhin das Auftreten im Raum Eckartsberga mit einem individuenreichen Winterquartier und in Marienthal (Wochenstube und Winterquartier). Die Nachweise in den Sperlingshöhlen im Westen von Naumburg, in Bad Kösen, Saaleck und Stendorf markieren die Verbindung zu den Beständen im Thüringer Saaletal. Hier wird die Art aktuell im Raum Bad Sulza nachgewiesen (GEIGER mdl. Information). Von einer durchgängigen Verbindung über die Landesgrenze hinweg kann ausgegangen werden.

Nach Nordosten strahlen die Vorkommen durch die Wochenstuben in Branderoda und Mücheln sowie den Winterquartierkomplex in den Kalkstollen bei St. Micheln aus. Ab dem Jahr 2000 erreicht die Spezies vermutlich über die Geiselniederung auch Braunsbedra und kann seit dem Winter 2008/2009 auch in Großkayna nachgewiesen werden. In diesem Zusammenhang ist auch das Erscheinen der Art im Stadtgebiet von Merseburg am 28.10.2008 zu sehen. Über das Saaletal erschließt die Kleine Hufeisennase zwischenzeitlich auch das Stadtgebiet von Weißenfels sowie Quartiere bei Leißling und Goseck.

In erheblicher Entfernung zu den derzeit bekannten Vorkommen wurde die Art im Winter 2007/2008 bei Bennstedt nachgewiesen, leider verlief eine Nachkontrolle im Folgewinter ohne Ergebnis. Ob das Tier diesen Raum über das Saaletal oder entlang von Querne und Weida erreicht hat, muss vorerst Spekulation bleiben.

Den einzigen aktuellen Nachweispunkt im sachsen-anhaltinischen Teil des Kyffhäusers bildet der Kirchtalstollen bei Kelbra, unmittelbar an der Landesgrenze zum Freistaat Thüringen. Auch hier ist eine Verbindung zu den Thüringer Beständen im Kyffhäuser offensichtlich (Sauerbier mdl.). Neuerliche Kotfunde im Raum Questenberg durch Ohlendorf geben Anlass zu der Hoffnung, dass die Art gegenwärtig auch den Südharz wieder erschließen könnte.

Insgesamt lässt sich durch Nachweise außerhalb der bisher bekannten Vorkommensgrenzen beispielsweise in Großkayna, Merseburg, Bennstedt oder auch bei Questenberg eine aktuelle Arealausweitung bzw. Rückerschließung ehemals verwaister Bereiche postulieren. Im Grenzbereich zu den aktuellen Nachweispunkten sollten daher in den kommenden Jahren verstärkt auch Quartiere (zunächst vor allem Winterquartiere) mit potenzieller Habitateignung für die Kleine Hufeisennase kontrolliert werden, um die zu erwartende Wiederausbreitung weiterhin dokumentieren zu können.

Jedoch befinden sich innerhalb des bekannten Vorkommensgebietes ebenfalls Räume, für die noch erhebliche Kenntnisdefizite zu vermuten sind. So belegen die Zahlen überwinternder Tiere im Galgenberg bei Freyburg, dass sich im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang neben den Wochenstuben in Branderoda und Zscheiplitz noch mind. eine weitere, bisher nicht bekannte Wochenstube befinden muss. Auch in Mücheln ist davon auszugehen, dass noch eine weitere Wochenstube im Stadtgebiet siedelt und es sich bei dem Wasserschloss St. Ulrich um ein Satellitenquartier dieser Kolonie handelt. Auch spricht der Zunahme der überwinternden Tiere in der Halde Pfännerhall für eine Wochenstube in Braunsbedra. Weitere Quartiere sind im Saubachtal zwischen Bad Bibra und der Landesgrenze zu vermuten. Die Tiere im benachbarten Steinbach können noch keinem bekannten Winterquartier zugeordnet werden. Unzureichend untersucht sind auch der Stadtbereich von Naumburg sowie der gesamte südwestliche Raum zwischen dem Saale- und dem Unstruttal. Die Landschaftsausstattung entspricht hier optimal dem Habitatschema der Art, so dass von weiteren Kolonien auszugehen ist. Die Nachweise im Raum Weißenfels, Goseck und Leißling lassen ebenfalls noch weitere Quartiere der Art im räumlichen Zusammenhang erwarten. Die Kopfstarke Wintergesellschaft in Eckartsberga spricht ebenfalls für eine weitere Wochenstube im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang. Vermutlich ist der Weinkeller in Marienthal als Satellitenquartier dieser zu interpretieren.

Bisher noch keine gezielte Suche ist nach Vorkommen im sachsen-anhaltischen Teil des Kyffhäusers vorgenommen wurden. Insbesondere durch die kopfstarken Kolonien im Thüringer Teil (Sauerbier mdl.) muss jedoch mit einem weiteren Ausstrahlen auch auf das Landesterritorium von Sachsen-Anhalt gerechnet werden. Die sich abzeichnende Entwicklung im Südharz ist von allergrößtem Belang, da hier für die Art nach einer Rückkehr der gesamte Harzraum wieder als Siedlungsgebiet erreichbar wäre.

Erfassung der Verbreitung

Um das Verbreitungsgebiet der Art in Sachsen-Anhalt sowie dessen mögliche Veränderungen erfassen zu können, werden alle Präsenznachweise (Sommer-, Zwischen- und Winterquartiere sowie Einzelnachweise) gesammelt und auf Basis der TK 25 dargestellt. Als Verbreitungsgebiet gilt die gesamte Fläche der „positiven“ TK 25, d. h. mit mindestens einem aktuellen Präsenznachweis. Die Erfassung der Nachweise erfolgt laufend, die Auswertung am Ende des jeweiligen Berichtszeitraumes.

Die Messgröße für den Gesamtbestand ist nach PAN & ILÖK (2009b) die Anzahl der adulten Weibchen in Wochenstubenquartieren, für die Habitatgröße ist die Anzahl der TK25.-Quadranten.

Erfassungsmethodik

Die Erfassung folgt im Wesentlichen dem vom Bundesamt für Naturschutz herausgegeben Schlüssel (PAN & ILÖK 2009a). Da zwischen dem Gesamtbestand in den Wochenstuben und in den Winterquartieren in Sachsen-Anhalt erhebliche Unterschiede bestehen, werden grundsätzlich auch die Winterquartiere in das Landesmonitoring mit einbezogen.

Erfassung Population

Wochenstube (Populationsgröße und -struktur, Habitatqualität, Beeinträchtigungen):

  • Turnus: 2-jähriger Rhythmus.
  • Im Unterschied zu PAN & ILÖK (2009), die eine Erfassung im 3-jährigen Turnus vorgeben, wird eine Erfassung im Abstand von jeweils 2 Jahren empfohlen. Dies wird für erforderlich gehalten, um die derzeitige sehr dynamische Populationsentwicklung bei zugleich sehr hohem Gefährdungsstatus an der nördlichen Arealgrenze adäquat verfolgen zu können.
  • Objektauswahl: Totalzensus (bei Neunachweisen von Wochenstuben ist die Kulisse der Monitoringflächen fortzuschreiben)
  • Erfassungsparameter: Anzahl der adulten Individuen (lassen sich im Quartier keine Zählungen vornehmen, sind Ausflugserfassungen erforderlich), Anzahl der Jungtiere (Erfassung nach dem Ausflug der Alttiere), Anzahl der Totfunde, eventuelle Begleitarten
  • Zeitraum: mind. 1 Durchgang pro Jahr nach Geburt der Jungtiere, dabei muss die Erfassung von Alt- und Jungtieren zeitlich getrennt erfolgen. Eine getrennte Erfassung ist zur korrekten Ermittlung der Populationsgröße und Reproduktion erforderlich, wobei die Anzahl adulter Tiere und Weibchen mit Jungtieren separat zu erheben ist (weitere Begründung s.u.).

Winterquartier (Populationsgröße, Habitatqualität, Beeinträchtigungen):

PAN & ILÖK (2009b) sehen keine Erfassungen im Winterquartier vor. In Anbetracht der z. Zt. dynamischen Populationsentwicklung sowie der teilweise erheblichen Differenzen zwischen Sommer- und Winterquartieren (MYOTIS 2009) werden Erfassungen in beiden Quartiertypen empfohlen. Allein mit Sommerquartieren wäre gebietsweise keine angemessene Bewertung möglich.

  • Turnus: 3-jähriger Rhythmus.
  • Zeitraum: 15.11. bis 01.03.
  • Objektauswahl: Totalzensus. Eine Aufnahme der Gesamtkulisse der Winterquartiere in das Kontrollregime ist erforderlich, um die weitere Bestandsentwicklung bei der Art genau dokumentieren zu können. Bei Neunachweisen von Winterquartieren ist die Kulisse der Monitoringflächen fortzuschreiben.
  • Erfassungsparameter: Anzahl der Individuen, Begleitarten

Erfassung Habitatqualität und Beeinträchtigungen

Wochenstube, Winterquartier

  • Turnus: bei Quartierkontrollen zur Populationserfassung
  • Erfassung von Zugänglichkeit, Einflugsituation, Störungen, Temperatur, Luftfeuchtigkeit bei den Quartierkontrollen

Jagdhabitat (Habitatqualität, Beeinträchtigungen):

  • Turnus: im 6-jährigen Rhythmus
  • Erfassungsparameter: Anteil der Laub- und Laubmischwaldbestände, Anteil weiterer potenzieller Jagdhabitate, Beeinträchtigungen im Radius von 4 km um die Wochenstuben