Flussneunauge

Lampetra fluviatilis (Linnaeus, 1758)

Natura 2000: Anhang II, Anhang IV

Verbreitung in Sachsen-Anhalt

Flussneunauge
Foto: F. Wieland

Das Verbreitungsgebiet des Flussneunauges in Deutschland erstreckt sich über das Einzugsgebiet von Nord- und Ostsee. Im Süden Deutschlands fehlt die Art (HOLCIK 1986). In Sachsen-Anhalt kommt das Flussneunauge als anadrome Wanderart in der Elbe vor (D09 — Elbtalniederung und D10 — Elbe-Mulde-Tiefland), wo es nach Herstellung der Passierbarkeit der Staustufe Geesthacht wieder nachgewiesen wird. Inwieweit es gegenwärtig in die Nebenflüsse auf der Suche nach Laichgründen einwandert, was historisch für die Schwarze Elster belegt werden kann, ist unzulänglich bekannt. Lediglich im Unterlauf der Mulde wurden neuerlich Flussneunaugen nachgewiesen (GAUMERT & ZUPPKE 2003), wo das Stadtwehr Dessau die Weiterwanderung in den Oberlauf verhindert. Der Fund von Querdern im Unterlauf der Mulde deutet auf eine dortige Reproduktion dieser Art hin.

Erfassung der Verbreitung

Flussneunauge Lebensraum
Foto: S. Ellermann

Um das Verbreitungsgebiet der Art in Sachsen-Anhalt sowie dessen mögliche Veränderungen erfassen zu können, werden alle Präsenznachweise gesammelt und auf Basis des für die FFH-Berichtspflichten verbindlichen 10×10 km-Rasterfeldnetz der Europäischen Umweltagentur (EEA-Grid) dargestellt. Als Verbreitungsgebiet gilt dann die gesamte Fläche der „positiven“ Rasterfelder, d. h. mit mindestens einem aktuellen Präsenznachweis im jeweiligen Bezugszeitraum. Die Erfassung der Nachweise erfolgt laufend, eine Zusammenführung der in der Oberen Fischereibehörde (Auflage bei Ausnahmegenehmigungen zur Elektrofischerei), im Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (Erfassungen zur WRRL) erfassten Nachweise sowie Meldungen der ehrenamtlich arbeitenden Anglerverbände sind dazu erforderlich. Eine Auswertung erfolgt zum Ende des jeweiligen Berichtszeitraumes. Der Gesamtbestand und die Habitatgröße werden auf Rasterfeldbasis ermittelt.

Erfassungsmethodik des Stichprobenmonitorings

Grundlagen für die Vorgehensweise sind das Bewertungsschema (BWS) für das bundesweite FFH-Monitoring (BFN 2015, vgl. SACHTELEBEN & BEHRENS 2010 sowie SCHNITTER et al. 2006) sowie das landesweite Konzept für das Tierartenmonitoring (RANA 2010). Dabei wird eine methodisch differenzierte Betrachtung von Wandergewässern einerseits und Laich- und Juvenilgewässern andererseits vorgenommen.

Da das Flussneunauge in Sachsen-Anhalt gegenwärtig nur als Wanderart auftritt, kann der Erhaltungszustand nur in den Kriterien Habitatqualität und Beeinträchtigungen bewertet werden. Das Populationskriterium kann in Sachsen-Anhalt gegenwärtig nicht adäquat bewertet werden. Die für das Landesmonitoring geführten Untersuchungsflächen dienen zunächst nicht einem gezielten Monitoring, sondern stellen eher einen bevorzugten Suchraum aufgrund früherer sporadischer Hinweise dar. Sofern künftig Reproduktionsnachweise erfolgen sollten, müssten geeignete Monitoringflächen für die Bewertung des Zustandes der Population festgelegt werden. Grundsätzlich gilt im Vorkommensgebiet Totalzensus.

Die Methoden der Bestandserfassung werden hier lediglich informativ aufgeführt.

Bezugsraum:
Grundsätzlich sind nach Möglichkeit sind Probestellen der WRRL für das Monitoring zu nutzen, solange der Habitat der Art repräsentativ in der WRRL-Probestelle liegt. Abweichend können andere Probestellen innerhalb eines nach WRRL betrachteten Wasserkörpers oder Einzugsgebietes nach artspezifischen Gesichtspunkten gewählt werden. Es gilt für alle biogeographische Regionen Totalzensus.

Die dauerhafte Eignung der gegenwärtig beobachteten Probestellen für ein systematisches Monitoring ist fraglich.

Erfassungsturnus:
Im Rahmen des Stichprobenmonitorings sollen die Bestandsüberprüfungen grundsätzlich zwei Mal in der Berichtsperiode, die Erfassung von Habitat- und Beeinträchtigungsparametern einmal in der Berichtsperiode erfolgen.

Methode Population:
Die Bewertung der Population von Lampetra fluvatilis kann über Adulte oder Larven erfolgen.

Allgemeiner Präsenznachweis durch Subadulte und Adulte: Im Bereich der Übergangs- und Küstengewässer erfolgt der Nachweis z.B. bei Hamenbefischungen oder Zählungen aufsteigender adulter Tiere mit Reusen in Fischaufstiegsanlagen (v.a. Herbst-Frühwinter bzw. Frühjahr). Bei gemeinsamen Vorkommen mit dem Bachneunauge ist eine gezielte Erfassung der Adulten während der Laichzeit (Laichgrubenzählung) sinnvoll. Dabei sind pro Untersuchungsjahr evtl. mehrere Zähltermine während der Hauptreproduktionszeit sinnvoll. Im Ostseeeinzugsgebiet sind mehrfache (bis 10) Begehungen pro Untersuchungsjahr obligatorisch; bei Erreichen eines hervorragenden Zustandes kann auf weitere Begehungen verzichtet werden. Die Bedingungen in den Gewässern können etwa durch erhöhte Eintrübung während der Laichzeit eine gezielte Sichtbeobachtung schwierig bis unmöglich machen, wodurch ggf. eine Wiederholung der Erfassung notwendig wird.

Erfassung über Larven: Erfassungsmethodik entspricht FFS (2005). Die Strecken müssen speziell auf Neunaugenlarven befischt werden. Es wird empfohlen, mindestens 40 m (und mindestens 100 m²) intensiv in potenziellen Habitaten (z. B. Feinsedimentbereiche) mittels Watbefischung auf Neunaugen zu beproben. Die Ermittlung der Abundanzen in den intensiv beprobten Habitaten erfolgt durch sukzessiven Wegfang. Die intensiver untersuchte Gewässerstrecke sollte wenn möglich auf verschiedene Bereiche aufgeteilt sein, wobei eine Aufteilung auf je 20 m wünschenswert ist. Der Befischungsaufwand sollte dokumentiert werden (z. B. Zahl der Dips oder Suchzeit/m2). In Sonderfällen (zu große Wassertiefe, bei der keine Watbefischung möglich ist) kann eine Bootsbefischung (repräsentative Streckenbefischung) erforderlich sein, bei der besonderes Augenmerk auf Neunaugennachweise gerichtet wird. Die ermittelten Dichten beziehen sich hier auf die gesamte befischte Strecke bzw. analog auf die aus der Strecke berechnete Fläche (nicht nur auf geeignete Habitate)2. Die Befischungszeit ist vorzugsweise zwischen August und Mitte Oktober zu wählen.

Methode Habitatqualität:
Die Charakterisierung der besiedelten Gewässer erfolgt anhand struktureller, morphologischer, physikalischer und chemischer Merkmale einmal im Berichtszeitraum. Die Bewertung kann bezogen auf die Gewässerausprägung in der jeweiligen Region (Tiefland/Mittelgebirge) vorgenommen werden. Die Bewertung der Durchgängigkeit der Wandergewässer, die oft mehrere Bundesländer tangieren, wird zentral von Experten/-innen und dem BfN durchgeführt. Dazu muss die Stichprobe einem Wandergewässersystem eindeutig zugeordnet werden.

Allgemeine Hinweise:
Während die Abtrennung der Larven der einheimischen Lampetra-Arten vom Meerneunauge (Petromyzon marinus) ab einer Länge von ca. 50 mm unproblematisch ist, ist eine Unterscheidung von Bachneunauge (Lampetra planeri) und Flussneunauge (L. fluviatilis) im Freiland nicht möglich. Dieser Umstand macht in Gewässern, die von beiden Arten besiedelt sind, ggf. die Untersuchung der Adulten beider Arten (Zählung an den Laichgruben) erforderlich. In ausschließlichen Bachneunaugengewässern können die Querder zur Populationsbewertung herangezogen werden. Ob ein Gewässer ausschließlich vom Bachneunauge (L. planeri) besiedelt ist, bleibt i.d.R. der Experteneinschätzung vorbehalten (BFN 2015).