Haselmaus

Muscardinus avellanarius (Linnaeus, 1758)

Natura 2000: Anhang IV

Über die Verbreitung der Haselmaus in Sachsen-Anhalt berichten JENTZSCH (2004) und zusammenfassend HOFMANN (2004). Ab dem Jahr 2004 wurden die Vorkommen der Haselmaus im Auftrag des Landesamtes für Umweltschutz in mehreren Teilschritten landesweit systematisch kontrolliert und die Kenntnisse wesentlich erweitert (LEHMANN 2004, LEHMANN 2008, MYOTIS2007, 2009), so dass der Kenntnisstand zur Verbreitung gegenwärtig als gut einzuschätzen ist.

JENTZSCH (2004) gibt mit dem Harz, dem Unstrut-Triasland und dem Zeitzer Forst drei aktuelle Vorkommensgebiete an, wobei der Harz das wichtigste Verbreitungsgebiet darstellt. Im Harz konzentrieren sich die Vorkommen auf den Südharz (Gipskarst) sowie dem Harzplateau im Ober- und Ostharz (OHLENDORF 1987, JENTZSCH 2004). Im Unstrut-Triasland kommt die Haselmaus in den Laubmischwäldern südlich der Unstrut und westlich der Saale vor. Schwerpunktvorkommen sind hier der Bereich zwischen Nissmitz und Steinbach (Tote Täler, Großwilsdorfer Holz, Balgstädter Hohn, Forst Bibra usw.) (MYOTIS 2007). Über Nachweise der Haselmaus im Zeitzer Forst berichtete UNRUH (1981), MYOTIS (2007) konnte dies für mehrere Stellen südöstlich von Koßweda belegen.

Das Verbreitungsgebiet von Muscardinus avellanarius in Sachsen-Anhalt umfasst die naturräumliche Haupteinheit D33 (Nördliches Harzvorland) der atlantischen sowie die naturräumlichen Haupteinheiten D18 (Thüringer Becken mit Randplatten) und D37 (Harz) der kontinentalen Region. Vorkommen in den FFH-Gebieten 101 „Buntsandstein- u. Gipskarstlandschaft bei Questenberg im Südharz“ und 108 „Gipskarstlandschaft Pölsfeld und Breiter Fleck im Südharz“ erstrecken sich über die naturräumlichen Haupteinheiten D18 und D37. Die bislang nicht bekannte Präsenz der Haselmaus in den FFH-Gebieten im atlantischen Klimabereich (Huy, Großer und Kleiner Fallstein) wird gegenwärtig untersucht (MYOTIS 2009) – mit einem vorläufigen Abschluss ist im Jahr 2010 zu rechnen. Historisch belegte Vorkommen im Raum Halle (Lintbusch), im Hakel sowie im Hohen Holz bei Eggenstedt konnten aktuell nicht mehr bestätigt werden (MYOTIS 2009), desgleichen blieben Hinweise zu Vorkommen im Umfeld der Elbauen unbestätigt.

Trotz des gegenwärtig guten Kenntnisstandes zur Verbreitung ist auch weiterhin mit neuen Nachweisen in Sachsen-Anhalt zu rechnen, da Geländeerfassungen stets nur punktuell stichprobenartig stattfinden und sich in den letzten Jahren auf FFH-Gebiete konzentriert haben.

Erfassung der Verbreitung

Um das Verbreitungsgebiet der Art in Sachsen-Anhalt sowie dessen mögliche Veränderungen erfassen zu können, werden alle Präsenznachweise gesammelt und auf Basis der TK25 dargestellt. Als Verbreitungsgebiet gilt dann die gesamte Fläche der „positiven“ TK25, d.h. mit mindestens einem aktuellen Präsenznachweis. Die Erfassung der Nachweise erfolgt laufend, die Auswertung zum Ende des jeweiligen Berichtszeitraumes.

Der Gesamtbestand ist nach PAN & ILÖK (2009b) durch Expertenvotum einzuschätzen, Messgröße für die Habitatgröße ist die Anzahl der TK25.

Erfassungsmethodik

Grundlage für die Vorgehensweise ist der Kartier- und Bewertungsschlüssel des Bundesamtes für Naturschutz (PAN & ILÖK, Stand März 2009a), der von SCHNITTER et al. (2006) publizierte Stand sowie landesspezifische Anpassungen am Bewertungsschema von MYOTIS (2007).

Innerhalb der Monitoringgebiete ist bei der Haselmaus kein vollflächiger Erfassungsansatz erforderlich bzw. sinnvoll. Vielmehr ist innerhalb des jeweiligen Gebietes die Ausweisung abgrenzbarer Referenzflächen möglich. Bei einer entsprechenden Lebensraumausstattung wird pro Monitoringgebiet die Einrichtung einer Dauerreferenzfläche empfohlen. Bei optimaler Einordnung sowie einer Kontrolle nach standardisierter Methodik sind bereits bei einer Fläche ausreichende Aussagen zur langfristigen Bestandsentwicklung ableitbar. Die Größe der Dauerreferenzflächen sollte dabei i.d.R. mit in Übereinstimmung mit PAN & ILÖK (2009a) mit 10 ha angesetzt werden. Jedoch wird dies in Sachsen-Anhalt aufgrund der Landschafts- und Biotopstruktur nicht in allen Gebieten vollständig umsetzbar sein (MYOTIS 2007). Entsprechend wird die Probeflächengröße und damit z.T. auch der Abstand der zu kontrollierenden Kästen (PAN & ILÖK: mind. 50 m) in Einzelfällen unterschritten werden.

Erfassung Population

Mit PAN & ILÖK (2009b) übereinstimmend, müssen zur Gewährleistung einer langfristigen Vergleichbarkeit bei der Erfassung kontrollierbare Elemente, in denen die Tiere ihre Nester bauen, eingesetzt werden. An diese sind folgende Anforderungen zu stellen (MYOTIS 2007):

  • langfristige Haltbarkeit, um ein möglichst optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis sicherzustellen,
  • leichte Kontrollierbarkeit und gute Einsehbarkeit der Nester insbesondere unter dem Aspekt der möglichst störungsfreien Erbringung von Reproduktionsnachweisen,
  • aus Schutzgründen sollten die Alttiere während der Kontrollen im Kasten verbleiben können,
  • leichte Fangbarkeit der Tiere, z. B. für Individualerkennung, Feststellung des Reproduktionsstatus oder für Untersuchungen zur Populationsstruktur (Geschlechterverhältnis, Altersstruktur etc.).

Dafür eignen sich weder die von SCHNITTER et al. (2006) diskutierten Haarhaftröhren, da sie keine Reproduktion ermöglichen, noch Bilchtuben, die keine störungsfreie Kontrollen gewährleisten (MYOTIS 2007). Positive Erfahrungen gibt es mit seitlich kontrollierbaren Kleinvogelnistkästen (Merseburger Modell) mit einer ursächlich zur Abwehr von Prädatoren vorgesetzten Kammer. Bei verschlossenem Eingang verbleiben die Tiere in der Kammer und können so bei Bedarf kontrolliert werden. Eine Revisionsklappe über die gesamte Größe der Seiten- oder Rückwand gewährleistet einen optimalen Einblick in das Nest.

Aus Gründen einer möglichst langen Haltbarkeit wird der Einsatz von Kästen aus Holzbeton empfohlen – geeignete Modelle sind mittlerweile erhältlich. Die Kosten liegen bei der Ersteinrichtung zwar höher als bei Verwendung von Holzkästen. Jedoch kann bei Holzbeton die Haltbarkeit mit 25-30 Jahren fast 2,5-mal so hoch angesetzt werden wie bei Holz. Hier wäre spätestens ein Austausch im Turnus von etwa 10 Jahren erforderlich.

Die Kästen müssen durchgängig und dauerhaft nummeriert und der Standort jedes Kastens mittels GPS eingemessen werden.

  • Bezugsraum: Probeflächen mit jeweils 50 Kästen auf ca. 10 ha.
  • Anbringung der Kästen einzeln in wettergeschützter Exposition an geeigneten Strukturen in einer Höhe von 1 bis 3 m. Der Abstand der Kästen sollte muss gebietsspezifisch festgelegt werden (Richtwert: 50 m).
  • Kontrolle der Kästen wenigstens einmal pro Untersuchungsjahr im Zeitraum von Juni bis September. PAN & ILÖK (2009b) geben eine einmalige Kontrolle vor – nach vorliegenden landesspezifischen Erfahrungen ist eine zweimalige Kontrolle jedoch angeraten. Die Ergebnisse der Kontrollen werden kastenspezifisch dokumentiert. Als Nachweis für die Wertstufen A und B wird die Anwesenheit von adulten Individuen angerechnet, Nester ohne Individuenanwesenheit führen zur Bewertungsstufe C. Sofern sämtliche Kästen im Gebiet unbelegt sind, muss im Herbst eine ergänzende Nusssuche vorgenommen werden.

    Zusätzlich zu den für die Bewertung zu erhebenden Präsenzangaben ist die Reproduktion zu erfassen (Anzahl Jungtiere mit Altersschätzung). Weiterhin ist die Belegung mit Vogelnestern, anderen Kleinsäugern sowie sozialen Insekten zu erfassen und zu dokumentieren. Insbesondere das Auftreten von Siebenschläfern ist zu erfassen.
  • Turnus: im 3-jährigen Rhythmus. Aufgrund der offenbar starken Bestandsschwankungen scheint die von PAN & ILÖK (2009b) vorgeschlagene einmalige Erfassung im Berichtszeitraum als nicht ausreichend (MYOTIS 2009).

Die eventuelle Notwendigkeit zur Reinigung der Kästen ist noch zu prüfen.

Erfassung Habitatqualität

  • Abschätzung der relevanten Habitatparameter innerhalb der abgegrenzten Referenzfläche.

    Der Parameter „Höhlenbäume“ wird ergänzt durch „Höhlen und Versteckmöglichkeiten“. Gerade in von Haselnuss dominierten Optimalhabitaten sind eigentliche Höhlenbäume von untergeordneter Bedeutung. Hingegen sollten Versteckmöglichkeiten und Hohlräume auch in dichten und älteren Stockausschlägen von Sträuchern berücksichtigt werden.
  • Die Nahrungsverfügbarkeit ist über eine Anteilsschätzung der Gehölze (PAN & ILÖK 2009a) nicht objektivierbar, so dass an Stelle der Anteilswerte ein Expertenvotum herangezogen wird.
  • Turnus: im 6-jährigen Rhythmus

Erfassung Beeinträchtigungen

  • Die Erfassung von Beeinträchtigungen erfolgt auf der gesamten Referenzfläche bzw. in einem für die Referenzflächen bedeutsamen Umfeld, das gutachterlich zu betrachten ist.
  • Turnus: im 6-jährigen Rhythmus