Pipistrellus pipistrellus (Schreber, 1774)
Natura 2000: Anhang IV
Die Zwergfledermaus galt in weiten Landesteilen Sachsen-Anhalts als häufig. Seit 2000 setzte sich die systematische Auftrennung des Pipistrellus pipistrellus-Komplexes in Zwerg- und Mückenfledermaus (P. pipistrellus und P. pygmaeus) durch. Die bekannten Reproduktionsquartiere der Zwergfledermaus wurden auf die Artzugehörigkeit geprüft. Die Zwergfledermaus hat demnach Verbreitungsschwerpunkte im und am Harz, im südlichen Sachsen-Anhalt und in der Altmark unter Ausschluss der Flussniederungen. Andere Vorkommen, z.B. im Elbtal und an der Mulde, mussten nun der Mückenfledermaus zugeordnet werden. In einigen Regionen treten beide Fledermausarten in den Lebensräume gemeinsam auf. Vorkommen der Zwergfledermaus am Südostrand der Colbitz-Letzlinger Heide grenzen direkt an Vorkommen der Mückenfledermaus zum Urstromtal der Elbe an. In weiten Räumen jagen beide Arten, wobei die Zwergfledermaus die Colbitz-Letzlinger Heide und die Mückenfledermaus das Urstromtal bevorzugen. Auch sind die ehemals festgestellten Vergesellschaftungen von Zwergfledermäusen in Reproduktionsgemeinschaften der Großen Bartfledermaus und der Rauhautfledermaus (OHLENDORF 1998, 2001) korrigierend der Mückenfledermaus zuzuordnen.
Die größte Häufung an Reproduktionsquartieren der Zwergfledermaus wird im Hügel- und Bergland erreicht, besonders im Harz (OHLENDORF 2003) – hier ist die Art häufig. Winterquartiere sind von der Art nur wenige bekannt. Wo die Harzer Zwergfledermäuse ihre Winterquartiere haben, ist nicht geklärt. Im Dom von Havelberg halten sich mehrere Hundert Individuen auf. Die Art neigt weniger zu großen saisonalen Wanderungen, wird jedoch häufig unter Windkraftanlagen im Offenland und im Jagdgebiet mit Gehölzreihen sowie in Gewässernähe gefunden. Schwärmquartiere sind bislang nur aus dem Dom Havelberg, dem stillgelegten Diabastunnel Rübeland und der Heuscheune im NSG Bodetal bekannt.
Insgesamt ist die Anzahl bekannter Fundorte der Zwergfledermaus im Zuge der Artauftrennung gesunken. Erfassungsdefizite gibt es besonders in der Dübener, Klietzer und Glücksburger Heide und in allen größeren Städten in Sachsen-Anhalt.
Erfassung der Verbreitung
Um das Verbreitungsgebiet der Art in Sachsen-Anhalt sowie dessen mögliche Veränderungen erfassen zu können, werden alle Präsenznachweise (z.B. aus gezielten Kartierungen) gesammelt und auf Basis des 10-km-LAEA-Rasters dargestellt. Als Verbreitungsgebiet gilt dann die gesamte Fläche der „positiven“ 10-km-Raster, d.h. mit mindestens einem aktuellen Präsenznachweis. Die Erfassung der Nachweise erfolgt laufend, die Auswertung zum Ende des jeweiligen Berichtszeitraumes.
FFH-Stichprobenmonitoring
Das FFH-Stichprobenmonitoring der Zwergfledermaus richtet sich nach den bundesweit gültigen Methodenstandards in BfN & BLAK (2017). Die Bewertung des Erhaltungszustands einzelner Monitoringgebiete resultiert aus Teilbewertungen der Kriterien „Zustand der Population“, „Habitatqualität“ und „Beeinträchtigungen“.
Innerhalb einer Berichtsperiode (6-Jahreszeitraum) ist der Zustand der Population mindestens zweimal zu ermitteln. Dabei werden je Untersuchungsjahr die adulten Weibchen durch Ausflugszählungen erfasst. Hierfür werden die Quartiere gesucht, z.B. während der morgendlichen Schwärmphase. Die Gesamtpopulationsgröße wird anhand von allen gemeldeten Quartierzählungen in einer biogeographischen Ebene durch das BfN bestimmt, welches darauf basierend eine Trendermittlung durchführt.
Die Bewertung der Habitatqualität und Beeinträchtigungen erfolgt je Berichtsperiode einmalig anhand der folgenden Unterkriterien:
Habitatqualität:
- Jagdgebiet: Strukturreichtum der Offenlandschaft
Beeinträchtigungen
- Jagd-/Wandergebiet: Beeinträchtigung durch Windenergienutzung im Bezugsraum
- Wochenstubenquartier: Umbau- und Sanierungsmaßnahmen an Gebäuden
- Wochenstubenquartier: Akzeptanz durch Hausbesitzer
- Weitere Beeinträchtigungen